4.7.2015: Jede Vorführung wurde eingeleitet, das haben die Filmfestleute teilweise richtig gut gemacht. Bei vielen Vorstellungen waren Regisseur oder Produzent anwesend, bei Theeb und bei Poet on a Business Trip gaben die klugen Fragen der Filmfestleute, aber auch die Fragen des Publikums dem Regisseur respektive Produzenten Gelegenheit, ausführlich über den Film, die Hintergründe und die Entstehungsgeschichte zu sprechen. Danke dafür.
Absenz von Werbung ist erlösend.
Im Grunde würde man es nicht aushalten, zwei oder drei Filme am Tag zu sehen, wenn jedes Mal noch eine halbe Stunde Werbung durchzustehen wäre. Der Filmfest-Trailer war unvermeidlich, ein bisschen komisch blub-blub-mäßig, dafür aber erträglich kurz. Abgesehen von den englischsprachigen wurden die Filme selbstverständlich alle in Originalfassung mit englischen Untertiteln gezeigt, warum kann das nicht immer oder zumindest viel öfter so sein? (Danke im Übrigen für die Untertitel im neuseeländischen Film The Dark Horse, mit diesem Englisch hätte ich echte Probleme bekommen.)
Unübersichtlich ausgefallen ist das Programmheft, das außerdem schlecht gelayoutet war (man kann nur hoffen, dass die plötzlich und sehr irritierend verwendete hässliche Serifenschrift (Times New Roman??) etwa im Artikel zu Jean-Jacques Annaud einfach ein Versehen war). Es gab mehrere Reihen, doch erst jetzt am letzten Tag habe ich kapiert, wie das mit den Wettbewerben um Preise funktionierte.
Ich referiere: In der Reihe Cinemasters (zwölf Filme, unter ihnen Pasolini und Louder than Bombs) gibt es den mit 50.000 Euros dotierten Arri/Osram Award zu gewinnen, außerdem konkurrieren elf Nachwuchsfilme (unter ihnen The Dark Horse und Theeb) um die 12.000 Euros des von Wild Bunch gestifteten CineVision Award. Was die 53 Filme in der Reihe Spotlight programmatisch zusammenhielt, erhellte sich mir auch nach mehrmaligem sorgfältigen Lesen des Teasertextes nicht. In diesen Programmsektor eingereiht waren jedenfalls die von mir gesehenen Dukhtar/Daugther, Dólares de Arena, The Golden Era sowie Eadweard (bzw. diese Pleite, die ich nur eine Viertelstunde ausgehalten habe). Jeweils nur einen Film habe ich aus den Reihen International Independents (Poet on a Business Trip) und Neues Deutsches Kino (Heil!) gesehen, die (18) Filme aus letzteren Reihe konkurrierten außerdem um den Förderpreis Neues Deutsches Kino sowie um einen Preis des Internationalen Verbands der Filmkritik FIPRESCI. Die Reihen Neues Deutsches Fernsehen, Kinderfilmfest und Sky Serien Spotlight habe ich mir gespart.
Und mein Fazit filmmäßig: Es ist schwierig, aus der minimalen Auswahl, die ich gesehen habe, etwas über das Festival als ganzes zu sagen. Theeb und Poet on a Business Trip waren großartige und außergewöhnliche Filme, auch der gestrige Louder than Bombs hat mir sehr gut gefallen. Die meisten Filme habe ich gerne bis sehr gerne gesehen, haben mich aber nicht umgehauen. Am unteren Rand rangierten Ferraras Pasolini, die fast ein wenig ärgerliche Gutmenschendoku Projekt A und die unerträgliche Earweard-Pleite. Richtige Begeisterung über das Programm kommt in mir aber nicht hoch. Vielleicht hatte ich Pech mit meinen Filmen, vielleicht war die Auswahl des Münchner Filmfest mäßig, vielleicht ist das „Filmjahr“ 2015 einfach nicht besonders aufregend. Vielleicht muss ich das nächste Mal, wenn ich auf ein Festival gehe, mehr dem Programm folgen und mich für eine Reihe oder Sparte entscheiden.