Dobra žena (A Good Wife)

goodwife_3Die Geschichte von Dobra žena (A Good Wife) ist im Grunde schnell geschildert: Milena, eine fünfzigjährige gutsituierte Ehefrau im Serbien von heute entdeckt beim Putzen ein Video, das die Kriegsverbrechen ihres Mannes dokumentiert. Zur gleichen Zeit bekommt sie eine Brustkrebsdiagnose. Am Ende des Films stellt sie sich der Krebsbehandlung und übergibt das Video einer öffentlichen Stelle. „Dobra žena (A Good Wife)“ weiterlesen

mittwochs: The Last Laugh

Last.Laugh.The-szn1Am Mittwoch später am Abend geht es in den Dokumentarfilm The Last Laugh, in dem Ferne Pearlstein der Frage nachgeht, ob man über den Holocaust lachen darf (im Bild übrigens der sensationelle Mel Brooks, der vor zwei Tagen am 28. Juni seinen neunzigsten Geburtstag feierte).

am dienstag: Arianna

plakatAm Dienstag sah ich einen zurückhaltenden italienischen Film über die intersexuelle Arianna, die im Erwachsenwerden mutig, lebenshungrig und unerschrocken ihrer eigenen Identität auf der Spur ist. Ohne jede Sentimentalität, in den wunderbaren Bildern von Hélène Louvart, ohne zu beschönigen, mit einer tollen Hauptdarstellerin (Ondina Quadri). Das Spielfilmdebüt von Carlo Lavagna. Zauberhaft, einfach gelungen.

Nakhodka – The Find

Find.szn3Trofim Rusanow ist ein echter Scheißkerl. Mit seiner Frau spricht er nicht, seine Tochter hat er verstoßen, weil sie jemanden geheiratet hat, ohne ihn um Erlaubnis zu fragen, und er frisst wie ein Schwein. Mit seiner Selbstgerechtigkeit, seinem Rigorismus und seiner Rechthaberei terrorisiert er nicht nur seine Familie, sondern als Inspektor der Fischereibehörde an einem der vielen riesigen Seen in der russigen Taiga auch die Fischer, die er unbarmherzig wegen jedem Bagatellvergehen verfolgt und bei der Obrigkeit meldet. „Nakhodka – The Find“ weiterlesen

erste zwischenbilanz

plakat_miniMit zwei brasilianischen Filmen ging das Filmfest für mich politisch los: Neben O Prefeito nahm auch Aquarius Machtgier, Korruption, Vetternwirtschaft und diplakate Folgen der Großprojekte in der Stadtplanung, Ausverkauf der Städte in den Blick. Eine ältere Frau beharrt auf ihrem Recht und bleibt in ihrer Eigentumswohnung wohnen, womit sie einen finanziell lukrativen Abriss und den Neubau einer Siedlung namens Aquarius verhindert. Die Mittel, die das Unternehmen anwendet, um ihren Widerstand zu brechen, enthüllt seine brachiale Rücksichtslosigkeit. Ein langer langsamer Film von Kleber Mendonça Filho mit einer tollen widerborstigen Protagonistin, mit der großartigen Sônia Braga in der Hauptrolle.

CMPoster2Closet Monster fährt mit sprechenden Hamstern und magischen Elementen auf und erzählt zwar etwas arg konventionell, aber genau beobachtet eine eigentlich ganz reizende schwule Coming-of-Age-Geschichte – hätte der Regisseur auf das allzu kitschige Ende verzichtet, hätte mir der Film gefallen. Gestern machte außerdem der the find_plakatmenschenfeindliche Trofim auf einem lebensgefährlichen Fußmarsch durch die russische Taiga den Fund (Nakhodka – The Find) eines ausgesetzten Babys, das er vergeblich zu retten versucht. Die Figuren erwartungsgemäß wortkarg, die Landschaft schön fotografiert. Während der Suche nach der Mutter des Kindes macht der Charakter von Trofim dann eine grundlegende Wandlung durch, die der russische Film dem Zuschauer bedauerlicherweise in keinster Weise plausibel machen kann. Der offensichtliche Wunsch nach Erlösung durch Happy End hat beiden Filme ihren möglichen Zauber genommen. Wie schade.

Erste Bilanz: Ganz nett, der große Knaller war allerdings noch nicht dabei.

O Prefeito

plakat_miniEin Stein. Dazu Rauschen. In der langen Einstellung gibt es keinerlei Bewegung, es könnte sich auch um eine schwarzweiße Fotografie handeln. Dann der nächste Stein. Sind wir am Meer? Hören wir das dröhnende Rauschen der Brandung? Ein weiteres Bild eines Steins, diesmal bemerken wir den Schutt. Jetzt ein Stein im Schutt mit einem Stückchen nackten Stahlträgers. Also kein Meer, keine Brandung, kein Strand, sondern Baustelle und Baulärm. Das Rio de Janeiro von heute. „O Prefeito“ weiterlesen

der erste abend

Ohne vorherige Muße und Zeit, mich auf das Filmfest einzustimmen – geschweige denn vorzubereiten -, komme ich abgehetzt und unvorbereitet an diesem Freitag Abend zum Kino an der Münchner Freiheit. Ich wische mir den Schweiß von der Stirn und erblicke beim Abschließen des Rades als erstes einen bezaubernden jungen Mann vor dem Kino – durch seinen Filmfest München-Anhänger um den Hals unverkennbar als Festival-Besucher ausgewiesen – , der in ohrenschmeichelndem britischen Englisch etwas in sein Handy säuselt. Schlagartig bin mit meiner Existenz versöhnt und kann einen ersten Hauch des anregenden internationalen Filmfest-Flairs spüren.

Nach einem Augenblick erblicke ich im Gewühl, das im Kino vor der zwanzig Uhr-Vorstellung herrscht, meine neue Freundin Beate, von der ich in den wenigen Minuten, die uns bis zum Filmbeginn bleiben, eine erste Einführung zu Brasilien bekomme. Sie ist Journalistin, lebt halb in Brasilien und betreibt ein Blog zur Situation in Brasilien (Zoom auf Brasilien), in dem sie die tagesaktuellen brisanten Entwicklungen kommentiert, spannende Sache.

Es begrüßt Florian Borchmeyer, der innerhalb der International Independents den Bereich Lateinamerika kuratiert, der Regisseur Bruno Safadi ist anwesend. Heute ist die Deutschland-Premiere von O Prefeito. Es wird geklatscht, dann gehen die Lichter aus und ich sehe zum ersten Mal den für meinen Geschmack viel zu glitzernden Festival-Trailer, den ich in den nächsten Tagen noch mehrmals werde ertragen müssen.

Nach dem Film gibt es ein Gespräch mit Bruno Safadi, der es dem Publikum einfach macht, weil er ein sehr auskunfts- und redefreudiges Bürschchen ist (Jahrgang 1980!).

Was für ein Einstieg! Wir kommen begeistert aus dem Kino, fallen in das nächste Lokal ein und trinken bei Pizza und angeregtem Gespräch über Film, Brasilien und Politik noch das eine und andere Bier zusammen.

start des filmfests münchen 2016

ffm2016Heute beginnt für mich das 34. Filmfest München 2016. Schnell schnell das Blog etwas zurechtgebastelt, ich muss gleich los! Die meisten Karten sind gekauft, das Wetter passend wie letztes Jahr so hochsommerlich, dass man sich bei strahlendem Sonnenschein auf den hoffentlich klimatisierten Kinosaal freut – und sich vorsichtshalber eine Jacke mitnimmt.

Heuer beginne ich mit O Prefeito, einem brasilianischen Film von Bruno Safadi über einen korrupten Bürgermeister von Rio de Janeiro, den Visionen einer Dame in Weiß heimsuchen. Passend zu Olympia. Ich werde berichten.