Ohne vorherige Muße und Zeit, mich auf das Filmfest einzustimmen – geschweige denn vorzubereiten -, komme ich abgehetzt und unvorbereitet an diesem Freitag Abend zum Kino an der Münchner Freiheit. Ich wische mir den Schweiß von der Stirn und erblicke beim Abschließen des Rades als erstes einen bezaubernden jungen Mann vor dem Kino – durch seinen Filmfest München-Anhänger um den Hals unverkennbar als Festival-Besucher ausgewiesen – , der in ohrenschmeichelndem britischen Englisch etwas in sein Handy säuselt. Schlagartig bin mit meiner Existenz versöhnt und kann einen ersten Hauch des anregenden internationalen Filmfest-Flairs spüren.
Nach einem Augenblick erblicke ich im Gewühl, das im Kino vor der zwanzig Uhr-Vorstellung herrscht, meine neue Freundin Beate, von der ich in den wenigen Minuten, die uns bis zum Filmbeginn bleiben, eine erste Einführung zu Brasilien bekomme. Sie ist Journalistin, lebt halb in Brasilien und betreibt ein Blog zur Situation in Brasilien (Zoom auf Brasilien), in dem sie die tagesaktuellen brisanten Entwicklungen kommentiert, spannende Sache.
Es begrüßt Florian Borchmeyer, der innerhalb der International Independents den Bereich Lateinamerika kuratiert, der Regisseur Bruno Safadi ist anwesend. Heute ist die Deutschland-Premiere von O Prefeito. Es wird geklatscht, dann gehen die Lichter aus und ich sehe zum ersten Mal den für meinen Geschmack viel zu glitzernden Festival-Trailer, den ich in den nächsten Tagen noch mehrmals werde ertragen müssen.
Nach dem Film gibt es ein Gespräch mit Bruno Safadi, der es dem Publikum einfach macht, weil er ein sehr auskunfts- und redefreudiges Bürschchen ist (Jahrgang 1980!).
Was für ein Einstieg! Wir kommen begeistert aus dem Kino, fallen in das nächste Lokal ein und trinken bei Pizza und angeregtem Gespräch über Film, Brasilien und Politik noch das eine und andere Bier zusammen.