Trofim Rusanow ist ein echter Scheißkerl. Mit seiner Frau spricht er nicht, seine Tochter hat er verstoßen, weil sie jemanden geheiratet hat, ohne ihn um Erlaubnis zu fragen, und er frisst wie ein Schwein. Mit seiner Selbstgerechtigkeit, seinem Rigorismus und seiner Rechthaberei terrorisiert er nicht nur seine Familie, sondern als Inspektor der Fischereibehörde an einem der vielen riesigen Seen in der russigen Taiga auch die Fischer, die er unbarmherzig wegen jedem Bagatellvergehen verfolgt und bei der Obrigkeit meldet.
Auf einer seiner Inspektionsfahrten, die Trofim auf dem See mit dem Boot unternimmt, kommt es dann – weit weg von seinem Dorf – zu einer handgreiflichen Auseinandersetzung, bei der einer der Fischer dem verhassten Inspektor eine drüberzieht. Als Trofim wieder zu sich kommt, sind die Fischer – und sein Boot weg. Auf dem mehrtägigen lebensgefährlichen Fußmarsch nach Hause durch die winterliche Taiga findet er in einer Hütte ein ausgesetztes Baby, das er auf seinem beschwerlichen Weg zurück in die Zivilisation zu retten versucht. Doch vergeblich, das Kind stirbt und Trofim nimmt es sich vor, rasend vor wütendem Zorn, die verbrecherische Mutter zu finden und ihrer Bestrafung zuführen.
Wir bekommen es in Nakhodka – The Find mit einer richtig unsympathischen Hauptfigur zu tun. In der kompromiss- und erbarmungslosen Interpretation der Figur durch Aleksey Guskov bleibt kein Fünkchen Sympathie für diesen Mann übrig. Wie Guskov das schiere Entsetzen Trofims über den Tod des Kindes spielt und den daraus erwachsenden rasenden Zorn des Mannes, ist grandios.
Die Erfahrung des Todes des Kindes, seines Marsches durch die Taiga, seines Überlebens und die Begegnungen mit den Menschen auf der anschließenden Suche nach der Kindsmutter verändern Trofim. Obwohl Nakhodka – The Find lange ein starker Film ist, geradlinig und klar, die Natur in großformatigen Bilder großartig eingefangen (Kamera: Andrey Naydenov), scheitert Regisseur Victor Dement in seinem Feature-Debüt – bedauerlicherweise – gerade daran, diese Veränderung in Trofims Wesen zum einen überhaupt nachvollziehbar zu machen und zum anderen zusammen mit Gushov eine Darstellung des veränderten Trofim zu finden, die zu seinem ursprünglichen Wesen passt. Denn so, wie der geläuterte Trofim in den letzten Szenen gezeigt wird, ist völlig unglaubwürdig: Er spaziert lächelnd durch das Dorf, grüßt freundlich seine Nachbarn und hat für jeden ein gutes Wort übrig – und verrät schließlich zu allem Überfluss, dass er sich sogar noch mit seiner Tochter versöhnt hat, die ihm an diesem Tag einen Enkel geboren hat. In diesem Dorf aus putzigen Holzhäusern, die eher an einen Reiseprospekt denn an wirkliches Leben erinnern, romantischer Pferdeschlitten inklusive. Und wenn ich mich nicht irre, dann scheint an diesem Tag im Film sogar die Sonne. Enttäuschend.