Müde nach viel zu kurzer und ansonsten schlechter Nacht, das Schreiben dauert und ich verschiebe meinen ersten Filmslot des Tages auf den frühen Nachmittag. Da werden zwei Studierendefilme zusammen gezeigt, ein Kurz- und ein Langfilm. Zuerst sehe ich den KHM-Erstling Annunciation von Halit Ruhat Yildiz. Ein kleiner, 22 minütiger Film über eine im deutsch-türkischen Milieu in Köln angesiedelte Beziehung (Ismail Zagros und eine durch ihr feines und differenziertes Spiel beeindruckende Neshe Demir) und über eine folgenschwere Entscheidung. Es geht um Krebs und Tod und Weiterleben. Auch wenn mich der Film nicht richtig begeistert, ist er doch genau beobachtet und nah an den Figuren fotografiert.
Direkt im Anschluss ein Film der im dritten Jahr an der Filmhochschule Ludwigsburg studierenden Autorin und Regisseurin Sandra Wollner. Das unmögliche Bild fängt aus dem Superachtfilm-Kamera-Blick der dreizehnjährigen Johanna im direct-cinema-Stil die Erinnerungen an eine Kindheit im Wien der fünfziger Jahre ein, an die mehrere Generationen übergreifende Familie, die gemeinsam in einer Wohnung lebt, an die Großmutter Maria, eine Engelmacherin, und an die jüngeren und älteren Frauen, die allwöchentlich bei Tee und Schnaps die Wohnung bevölkern. Eva Linder spielt die Maria in diesem kleinen, ambitionierten und nahezu ohne Budget gedrehten Film überzeugend so schroff wie liebevoll und brutal. Eine formal jenseits der ausgetretenen Sehgewohnheiten angesiedelte Coming-of-Age-Geschichte, eine atmosphärische Reflexion über Erinnerung und Wahrnehmung.
NACHTRAG: Sandra Wollner gewinnt mit Das unmögliche Bild den mit satten 10.000 Euro dotierten Förderpreis Deutsches Kino der Hofer Filmtage!