Le Bleu du Caftan

Im Anschluss gibt es Le Bleu du Caftan, einen ruhigen marokkanischen Film von Maryam Touzani. Halim (Saleh Bakri) und seine Frau Mina (Lubna Azabal) betreiben eine traditionelle Kaftan-Schneiderei in der Altstadt von Salé. Es geht um versteckte Homosexualität, um ein aussterbendes Handwerk und um verschiedene Spielarten der Liebe zwischen dem sich innig zugetanen Ehepaar und dem jungen Lehrling Youssef (Ayoub Missioui). Das Q & A nutzt Maryam Touzani nach dem Film für ein überschwängliches Plädoyer für die Rechte von sexuellen Minderheiten im Maghreb und erntet dafür begeisterten Applaus des geneigten Publikums, was die gefühlige Art des Films stimmig rahmt.

Vanskabte Land – Volaða Land – Godland

Ich starte im großen Saal des Theater Rotterdam Schouwburg mit dem dänisch-isländischen  Vanskabte Land – Volaða Land – Godland von Hlynur Pálmason. Damit beginnt das Festival für mich mit einem Riesenknaller: mit einem 143 Minuten langen wunderbaren Island-Epos, das im 19. Jahrhundert spielt und von einer Expedition durch das Land handelt und darum, wie diese gefährliche Reise alle grundlegend verändert. Und von noch sehr viel mehr. Ein bildgewaltiger und dichter Film!

Der junge dänische lutheranische Priester Lucas tritt mit widerwilligen Isländern den Weg zu einem entlegenen Ort an, um dort eine Kapelle zu errichten. Auf isländischen Ponys geht es bei Regen und Schnee durch Flüsse und über Berge, auf eine Reise mit inneren und äußeren Konflikten zwischen Kolonisatoren und Kolonisierten. Großartig, episch, wunderschön.

onfim

Vierminütiger minimalistisch gezeichneter Kurzfilm von Damien Tran. Erzählt wird eine tragische Liebesgeschichte im Stummfilm-Stil mit Zwischentiteln und wunderbar karger Musik von Cindy Lee. Die Gestaltung der Strichmännchen orientiert sich an einer auf Birkenrinden aus dem Mittelalter überlieferten Zeichnung von Onfim.

Internationales Filmfestival Rotterdam 2023

Januar 2023 – Nach einer längeren Pause melden sich die Diebe der Nacht zurück – aus Rotterdam! Am früheren Nachmittag angekommen gehe ich angesichts der schieren Filmmenge in die Knie. Angeblich sind dieses Jahr rund 450 Filme im Programm! Die App funktioniert langsam und ist unübersichtlich, das gedruckte Programm muss ich kaufen. Aber ich bin heilfroh, weil ich dort zumindest lerne, dass es neben Specials zu einzelnen FilmemacherInnen und den Wettbewerben sechs verschiedene Reihen gibt. Ich picke mir die am konventionellsten klingende heraus („Limelight“) und schaffe es noch, mir noch zwei Tickets für den heutigen Tag zu besorgen. Jetzt schnell noch etwas essen und ab in den Kinosaal!!!